Gesamt Yoga-Philosophie im Unterricht: Bhagavad Gita

Die Bhagavad Gita ist zwischen dem 5. und 2. Jh vor Chr. entstanden. Übersetzt bedeutet Bhagavad Gita “Gesang Gottes”. Sie besteht aus 18 Kapiteln mit 701 Versen, die sich sich in drei Teile gliedern lassen. Auch wenn sie heute als eigenständiges Buch herausgegeben wird, lässt sich ihre Bedeutung nur aus dem Kontext des Mahabharata verstehen. Das Mahabharata erzählt die Rahmenhandlung, die Bhagavad Gita ist Bestandteil des Buches 6 (Gesänge 25 bis 42). Das Mahabharata ist das größte indische Epos. Es handelt um den Kampf um Nachkommen und den Zwist zwischen zwei Familienteilen des indischen Herrschaftsgeschlechts der Bharatas.

Zitat von Gandhi vorlesen, um die Bedeutung der Bhagavad Gita zu unterstreichen: „In der Bhagavadgita finde ich einen Trost, den ich selbst in der Bergpredigt vermisse. Wenn mir manchmal die Enttäuschung ins Antlitz starrt, wenn ich verlassen, keinen Lichtstrahl erblicke, greife ich zur Bhagavadgita. Dann finde ich hier und dort eine Strophe und beginne zu lächeln, inmitten aller Tragödien, und mein Leben ist voll von Tragödien gewesen. Wenn sie alle keine sichtbaren Wunden auf mir hinterlassen haben, verdanke ich dies den Lehren der Gita.“

Zitiert nach der deutschen Übersetzung der Bhagavad Gita des S. Radhakrishnan aus dem Verlag R. Löwit

Zweite Kurseinheit: Arjunas Dilemma

Die Bhagavad Gita erzählt das Dilemma von Arjuna, einem Prinzen aus der Stadt Hastinapur nördlich von Neu-Delhi. Arjuna soll gegen einen Teil seiner Familie, die Kauravas, in den Kampf ziehen. Dieser Teil repräsentiert das Verblendete und das Herzlose. Sein Onkel ist blind, die Tante will nicht sehen und die Cousins entstanden ​​aus einem stahlharten Fleischballs, der in 99 Teile zerbarst, geboren. Der Bruder, der König werden soll, hat bereits alle diplomatischen Mittel versucht, um den Krieg abzuwenden. Ebenso hat sich sein Freund, der Weise Krishna, erfolglos für eine friedliche Lösung des Konflikts eingesetzt. Jetzt gibt es keinen Ausweg mehr. Die beiden Armeen stehen sich auf dem Schlachtfeld gegenüber.

Arjuna kann zwischen der Armee seines Freundes Krisha und seinem Rat wählen. Er entscheidet sich für Letzteres und bittet Krishna, ihn ins Spiel zu bringen. Krishna steuert den Streitwagen zwischen den beiden Armeen. Emotionen überwältigen Arjuna beim Anblick seiner Verwandten. Er ist hin- und hergerissen zwischen der Zuneigung zu seinen Verwandten und der Pflicht als Prinz, den rechtmäßigen Anspruch seiner Familie auf Land und Thron zu verteidigen. Schwach lässt er seinen Bogen fallen und sinkt zu Boden. Er weigert sich zu kämpfen. Unabhängig von Sieg oder Niederlage bringt der Kampf nur Pech für ihn und seine Familie.

Arjuna befindet sich in einer emotionalen Zerreißprobe. Entscheidet er sich zu kämpfen, dann tötet er möglicherweise den Großvater oder einen seiner Lehrer. Menschen, die er innigst liebt. Kämpft er nicht, gewinnt der Gegner. Für das Land und die Bevölkerung eine schlechte Lösung. In diesem Zwiespalt überwältigen ihn die Gefühle. Im Gewirr der Eindrücke auf dem Schlachtfeld fühlt er sich überfordert, eine Entscheidung zu treffen. Jedes Ergebnis scheint in einer Katastrophe zu enden. Er zieht es vor, nicht zu kämpfen und sich töten zu lassen.

Und Arjuna sank leiderfüllt
Auf seines Wagens Sitz zurück,
Der Bogen glitt ihm aus der Hand,
Und Gram umflorte seinen Blick.

In diesem Moment bittet er seinen Freund Krishna um Rat.

Dritte Kurseinheit: Samsara, der Glaube an den Kreislauf der Wiedergeburt

Arjuna lässt verzweifelt die Waffen sinken und bittet Krishna um Hilfe. Krishna antwortet:

Darum führe, ohne an ihnen anzuhaften, immer die Handlungen aus, die getan werden müssen.

Bhagavad Gita 3.19

Krishna weist ihn darauf hin, dass Arjuna seine Pflicht als Krieger erfüllen muss. Aber dieser fürchtet, durch sein Handeln Schuld auf sich zu laden. Im Hindhuismus ist schuldhafte Handlung mit schlechtem Karma verbunden. Karma ist der innere Abdruck, den eine Handlung hinterlässt. Im Laufe des Lebens sammelt sich Karma an, das zur Wiedergeburt führt. Der Hinduismus kennt keinen Sündenerlass. Wer am Ende des Lebens viel schlechtes Karma angesammelt hat, wird im nächsten Leben unter schlechteren Bedingungen geboren. Befreiung aus dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburt erlangt nur der, der kein Karma angesammelt hat. Wer daran glaubt, dürfte eigentlich gar nicht mehr handeln. Dies ist natürlich völlig absurd, wie Krishna später ausführt.

In dieser Yogastunde kannst Du die Schüler erleben lassen, was Karma auf körperlicher Ebene bedeutet. Jede Bewegung führt zu einer Wirkung. Die Wirkung einer Übung lässt sich in den Muskeln und Sehnen spüren.

Vierte Kurseinheit: Karma Yoga

Der Weise handelt ohne Anhaftung, mit der Absicht dem Wohl der Welt zu dienen

Bhagavad Gita 3.25

Krishna erklärt, dass es unmöglich ist, nicht zu handeln. Nicht die physische Handlung führt zu Karma. Stattdessen kommt es auf das Bewusstsein an, mit dem eine Handlung ausgeführt wird. Zum Beispiel wird ein Mönch, der sich aus dem Leben und er Verantwortung zurückzieht, nicht unbedingt befreit. Wenn er es unterlässt einem Menschen in Not zu helfen, verstrickt er sich in die moralischen Folgen des Nichthandelns. Handelt er hingegen aus guter Absicht, wird er vom Karma befreit. Alle Handlungen, die nur deshalb ausgeführt werden, um bestimmte Resultate zu erreichen, hinterlassen karmische Spuren. Egoistisches Verlangen ist der größte Feind der Freiheit. Wer in der Lage ist, das “Ich” in den Hintergrund treten zu lassen, erlangt Frieden.

Wer Handeln im Nichthandeln und Nichthandeln im Handeln erkennt, ist intelligent unter den Menschen

Bhagavad Gita 4.18

Krishna nennt diese Lebenshaltung Karma Yoga oder Yoga der Handlung. Karma Yoga bedeutet, für das Wohl der Welt zu handeln. Das erfordert, sich von eigensüchtigem Verlangen zu befreien.

In dieser Yogastunde kannst Du die Schüler anleiten, die eigene Motivation für das Üben zu verändern.

Fünfte Kurseinheit: Buddhi Yoga

Wie kann man sich von eigensüchtigem Verlangen befreien? Diese Frage beantwortet Krishna mit Buddhi Yoga.

“Wenn eine Person die Sinne von den Objekten zurückzieht, wie eine Schildkröte ihre Gliedmaßen zurückzieht, dann ist Weisheit fest etabliert”

Bhagavad Gita 2.58

Buddhi bedeutet Verstand, Intellekt oder intuitives Entscheidungsvermögen. Durch den Rückzug der Sinne von den Objekten gelangt man in den Zustand der Meditation. In diesem Zustand kann man klar sehen. Man hat einen Zugang zu einer höheren Wahrheit. Das ist vergleichbar mit einem See. Ist der See ruhig ist, kann man bis auf den Grund schauen.

Sehen oder hören, tasten oder riechen, essen oder laufen, schlafen oder atmen, wer im Zustand des yoga ist, der weiß die Wahrheit, denkt, ich tue gar nichts

Bhagavad Gita 2.58

Wer im Zustand des Yoga ist erkennt, dass nicht er selbst handelt, sondern den Gesetzen einer höheren Macht folgt. Dies kann man als deterministische Weltanschauung interpretieren. Der Wille des Menschen ist nicht frei, sondern durch eine höhere Macht begrenzt.

In der Yogastunde kannst Du die eine Eingangsmeditation auf den Atem anleiten. Dabei nehmen die Teilnehmer wahr, dass der Atem von ganz alleine kommt und geht. Leite sie so an, dass sie die Haltung annehmen: “Es atmet mich”. Mit dem ersten Atemzug beginnt das Leben und mit dem letzten Atemzug endet es. Anfang und Ende können wir Menschen nicht bestimmen. Auch die Yogaübungen kannst Du entsprechend anleiten. “Jede Yogaübung hat eine Wirkung. Diese Wirkung entsteht ganz von alleine. Du kannst sie zwar durch die Intensität der Übung beeinflussen, aber Du kannst sie nicht vollkommen verändern. Du kannst eine Handlung mit einer unterschiedlichen Haltung ausführen, ganz kontrolliert und ichbestimmt. Oder Du übst. als wärst ob Du eine Puppe und würdest von unsichtbaren Fäden bewegt. Diese unsichtbaren Fäden können der Atem sein. Deine Bewegung folgt ganz automatisch dem Atem.”

Sechste Kurseinheit: Dhyana Yoga

Dhyana Yoga heißt Meditation. Nach Krishnas Auffassung, steht die Übung der Meditation über dem Handeln. Aber Arjuna ist außer Stande, seinen Geist zu beruhigen. Sein Geist wird vom Wind getrieben. Krishna entgegnet:

“Eine Lampe flackert nicht, wenn sie vom Wind geschützt ist. Dieser Vergleich gilt dem stabilisierten Geist des Yogi, der Yoga über das Selbst übt.”

Bhagavad Gita

Krishna leitet an, wie ein Yogi die Meditation ausführen soll. Er sollte sich zurückziehen. Den Blick auf den Punkt zwischen den Augenbrauen leiten. Den Atem in der Nase ins Gleichgewicht bringen. Diese Übung führt zum höchsten Zustand des Friedens.

In der Yogastunde kannst Du die Eingangsmeditation mit Konzentration auf das dritte Auge anleiten. Leite am Ende der Yogastunde eine Nasenwechselatmung an.

Siebte Kurseinheit: Gleichmut

Krishna lehrt Arjuna Gleichmut zu üben, selbst in dieser herausfordernden Situation.

Ein Yogi sieht keinen Unterschied zwischen einem Brahmanen, einer Kuh, einem Elefanten, einem Hund und einem, der einen Hund isst.

Bhagavad Gita 5.18

Dieser Vers widerspricht dem indischen Kastenwesen. Brahmanen gehören zur höchsten Kaste und eine Kuh gilt als heiliges Tier. Jemand, der einen Hund isst, steht am äußersten Rand der Gesellschaft.

Ein Yogi ist allein zufrieden mit seinem Wissen uns seiner Erkenntnis. Hiermit ist die Erkenntnis gemeint, die in er Meditation erzielt wird. In der Meditation erreicht man einen anderen Bewusstseinszustand. Dann kann man erkennen, dass es über Ich hinaus eine weitere Instanz gibt. Manche bezeichnen dies als Gotteserfahrung, andere als Erleuchtung. Wer das erfahren hat, braucht nichts Weiteres. Materielle Dinge sind ihm egal.

Er betrachtet eine Klumpen Erde, einen Stein und Gold als gleich.

Bhagavad Gita 5.18

In der Stunde werden die Teilnehmer aufgefordert, die Übungen mit Gleichmut auszuführen. Wenn eine Haltung nicht so gut gelingt, dann nimm es gelassen hin. Das soll nicht bedeuten, dass Du Schmerzen ignorieren sollst. Gleichmut schließt Fürsorge beim Üben nicht aus. Es sind eher die eigenen Ansprüche, gegenüber denen wir Gleichmut üben.

Achte Kurseinheit: Einheit

Die Seele des Menschen wird als Atman bezeichnet. Die Seele verlässt nach dem Tod den Körper und wird in einem anderen wiedergeboren. Das ist der Glaube des Hinduismus. Gelingt es kein Karma aufzubauen, geht die Seele in Brahman, dem unendlichen Prinzip auf.

Wer Yoga engagiert übt, der sieht Atman in allen Wesen und alle Wesen in Atman

Bhagavad Gita 6.29

Wer regelmäßig und engagiert meditiert, der nimmt wahr, dass seine Seele mit allen Wesen verbunden ist. Dadurch verändert sich das Verhältnis zu anderen Menschen und zur Umwelt. Die Betonung liegt weniger auf Individualität sondern eher auf Gemeinschaft. Auch die Beziehung zur Natur, den Pflanzen und den Tieren verändert sich. Sie sind dem Menschen nicht mehr untergeordnet, sondern integraler Bestandteil des Menschen. Das spüren wir heute ganz deutlich im Klimawandel: Wer der Natur schadet, schadet auch sich selbst.

Krishna, der sich später als Gott Vishnu offenbart, geht noch einen Schritt weiter. Sie Seele ist nicht nur mit allen Wesen verbunden, sondern auch mit Gott.

Wer an dieser Art der Einheit festhält und mich verehrt als den, der in allen Wesen ist, ist ein Yogi, der in mir existiert.

Bhagavad Gita 6.31

Lasse in der Stunde die Teilnehmer die Verbindung mit dem Boden spüren. Über die Haut und das Raumempfinden mit dem Raum. Über das Riechen mit den Blumen, über das Hören mit den anderen Menschen, über das Sehen mit allem Sichtbaren, über das Schmecken mit den Früchten der Erde. Die Verbindung kann besonders intensiv beim Atmen wahrnehmen. Die Luft strömt in den Körper hinein und über den Blutkreislauf in jede Zelle des Körpers. Verbrauchte Luft fließt aus dem Körper wieder heraus. Was wir als verbrauchte Luft bezeichnen, ist für Pflanzen Nährstoff und Energie.

Achte Kurseinheit: Bhakti yoga

Hingabe ist die höchste Form des Yoga, der schnellste Weg zur Erlösung aus dem endlosen Kreislauf der Wiedergeburt.

„Die sich mir treu ergeben, die alle Handlungen mir widmen, die mich verehren und auf mich meditieren durch einpunktiges Yoga, für sie werde ich zum Erlöser vom Ozean des Todes und der Wiedergeburt“

Bhagavad Gita 12.6-7

Wenn Du nicht in der Lage bis, yoga mit Hingabe an mich zu üben, dann übe Selbst-Kontrolle und verzichte auf die Früchte der Handlung. Wissen ist besser als regelmäßige Praxis und Meditation ist höher als Wissen. Der Verzicht auf die Früchte der Handlung ist besser als Meditation.

Bhagavad Gita 12.11-12

Krishna offenbart sich erstmals als Gott Vishnu. Er ist nicht nur ein Freund, sondern ein mächtiger Gott. Er kann Arjuna von der Wiedergeburt erlösen. Arjuna muss ihn nur verehren und sich in der Meditation auf Gott konzentrieren. Einpunktiges Yoga meint hier das Dharana oder die Meditation auf ein Objekt.

Leite in der Yogastunde verschiedene Haltungen der Hingabe an. Gebetshaltung, Gebetshaltung mit Händen auf dem Rücken und Seitbeuge, Vorbeuge, nach unten schauender Hund, Kindshaltung, Bauchlage wie betende Tibeter dahingestreckt, Vorbeuge im Sitzen

Neunte Kurseinheit: Offenbarung Gottes

Arjuna zweifelt noch immer. Irgendwie kann nicht so recht glauben, dass sein alter Freund Krishna ein mächtiger Gott ist. Krishna beschreibt sein göttliches Wesen:

Ich bin der Geschmack im Wasser, ich bin der Glanz im Mond und in der Sonne. Ich bin die heilige Silbe OM in allen vedischen Schriften, der Ton im Raum, die Manneskraft im Mann, der Geruch der Erde, die Hitze im Feuer und das Leben in allen Lebewesen.

Bhagavad Gita 12.11-12

Er ist ein Gott der Natur, ein Gott, der in allen Lebewesen ist. Gläubigen fällt es leicht, Gott zu erkennen. Skeptiker dagegen haben es schwer. Arjuna ist ein Skeptiker. Er ist ein Suchender, der kritisch beäugt, was ihm Krishna erzählt. Immer noch zweifelnd bittet er Krishna, sich in seiner göttlichen Form zu zeigen (Bhagavad Gita 11.3).

Er zeigt sich mit vielen Mündern und vielen Augen, alle Götter beinhaltend und den ganzen Kosmos. Als ob tausend Sonnen gleichzeitig am Himmel aufgehen, jede mit einem brennenden Glanz. Das gleicht dem wundervollen Leuchten dieses großartigen Wesens.

Bhagavad Gita 11.10

Aber Gott hat nicht nur ein glanzvolles Wesen. Auf seiner Kehrseite ist er ein monströses Wesen. Allmächtig kennt er den Ausgang des Krieges. Arjuna kann dies sehen. Die Krieger werden in den göttlichen Mund gesogen, einige bleiben zwischen riesigen Zähnen hängen. Schädel bersten dabei. Ein grauenvolles Bild. Arjuna stehen die Haare zu berge und er bittet Krishna sein menschliches Wesen wieder anzunehmen.

In der Yogastunde die Teilnehmer anleiten, den göttlichen Glanz in sich selbst wahrzunehmen. Übungen mit den Armen, die wie Sonnenstrahlen das Licht verteilen, z.B. Monsichel, einfaches Dreieck, Krieger 2 Variante.

Zehnte Kurseinheit: Schöpfungstheorie

In den alten Schriften finden wir verschiedene Vorstellungen, wie die Welt entstanden ist. Sie sind sehr fantasievoll und mystisch. In einer Geschichte wächst aus dem Bauchnabel des Gottes Vishnu eine Lotusblume, die die ganze Welt enthält. Eine andere Idee ist eine riesige Gebärmutter, aus der die Welt geboren wird.

Die Bhagavad Gita greift das Modell der Samkhya-Tradition auf. Am Anfang gab es nur Bewusstsein (purusha) und Materie (prakriti). Beide sind unendlich und formlos. Irgendwann animierte das Bewusstsein die Materie und sie erschufen die Welt. Dabei haben sich natürlich beide vermischt und seither lassen sich Materie und Bewusstsein nicht mehr unterscheiden. Zur Materie gehört auch das Denken und Fühlen. Für die menschliche Wahrnehmung scheint die Realität nur aus Materie zu bestehen, doch das erweist sich als Illusion. Beseitigt man den Schleier der Illusion (Maya) durch Askese und Meditation, kann man Materie und Bewusstsein wieder klar unterscheiden. Ziel ist es, die Materie zu überwinden und zu reinem Bewusstsein zu kommen.

Krishna nennt die Materie als das Feld (vielleicht ist hiermit das Schlachtfeld gemeint). Der Kenner des Feldes ist das Bewusstsein.

Dieser Körper, Arjuna, ist das Feld. Und der dies kennt ist der Kenner des Feldes.

Bhagavad Gita 13.1

Wer mit wissendem Auge erkennen kann, was das Feld und den Kenner des Feldes unterscheidet, und wer von der Erlösung der menschlichen Wesen von der Materie weiß, der befindet sich auf dem höchsten Pfad.

Bhagavad Gita 13.1

Elfte Kurseinheit: Gunas

In allen Objekten wirken drei Gunas. Ähnlich den drei doshas (pitta, kapha, vattha) aus dem Aryurveda unterscheidet man im Yoga drei geistig-emotionale Kräfte. Diese sind rajas, tamas und sattva. Die Triebkraft rajas äußert sich durch Tatendrang und Unruhe. Auch Emotionen wie Zorn oder Ungeduld entstehen durch sie. Wer in einem tamasischen Zustand verweilt, der empfindet Dunkelheit und Erschöpfung oder Trägheit. Dadurch entstehen Gefühle der Unlust, des Rückzugs und des Desinteresses. Sattva ist dagegen ein Zustand der inneren Balance, der Leichtigkeit und Helligkeit. Sattva ist glänzend, wenn die Erleuchtung durch Wissen an allen Öffnungen des Körpers sichtbar wird (Gita 14.11). Dieser ist Basis, um zur Erleuchtung zu gelangen.

Wissen entsteht durch sattva, Gier entsteht durch rajas, Nachlässigkeit und Täuschung entsteht durch tamas und auch Nichtwissen

Bhagavad Gita 14.17

Allerdings ist dieses Modell sehr deterministisch. Es gibt dort wenig freien Willen. Die Triebkräfte wirken im Menschen sehr dominant. Das einzige, was wir Menschen beeinflussen können, ist unsere Haltung gegenüber den gunas.

Wenn der Beobachter feststellt, dass es keinen anderen Unterstützer als die gunas gibt und wenn er das Wissen über das erlangt, was über den gunas ist, erreicht er meinen [Krishnas] Zustand.”

Bhagavad Gita 14.19

Ziel ist es, eine indifferente Haltung gegenüber den Gunas einzunehmen und über die gunas hinaus das Absolute oder Gott zu erkennen. (Gita 14.22-23)

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