Aparigraha bedeutet Bescheidenheit. Nur so viel besitzen, wie man wirklich braucht. Oder noch radikaler in Armut leben, so wie einige Mönchsorden es tun. Die Kapuzinermönche im Dieburger Kloster hatten beispielsweise nur zwei Kutten. Die Zimmer waren karg eingerichtet, die Tür niedrig, sodass man sich beim Eintreten bücken musste.
So können wir Alltagsmenschen natürlich nicht leben. Aber es kann auch für uns ein Leitbild sein. Mit leichtem Gepäck durchs Leben zu gehen, ist befreiend, denn
Was ich besitze, besitzt mich auch.
Quelle unbekannt
Jeder Deutsche hat im Durchschnitt mehr als 10.000 Dinge. Kein Wunder, dass ich meine Schere nicht mehr finde. Mein Kleiderschrank ist prall voll und der Keller quillt über. Zum Glück ist es noch nicht so schlimm, dass ich Marie Kondō rufen muss. Die hilft beim Ausmisten, wenn man keinen Platz zum Wohnen mehr hat. Aber auch ich habe definitiv zu viele Sachen. Wie schön ist es im Campingurlaub, wenn ich nur wenig dabeihabe.
Wenn ich mir die Frage stelle, warum ich so viel konsumiere, dann fällt mir ein Experiment mit Mäusen ein (leider finde ich die Studie nicht mehr im Internet). Der Grund für die Freude am Kaufen liegt am Botenstoff Dopamin. Dieser wird immer dann ausgeschüttet, wenn es etwas Neues gibt. Deshalb macht Kaufen glücklich. Eigentlich soll Dopamin dabei helfen, dass wir uns beim Lernen konzentrieren können. Nur dadurch war Fortschritt möglich. Denn bei noch so kniffligen Aufgaben bleiben wir motiviert. Doch zurück zu den Mäusen. Bei dem Mäuseversuch hatte man eine Elektrode im Dopaminzentrum eingepflanzt. Diese wurde mit einer Taste verbunden. Wenn die Maus auf die Taste drücke, konnte sie das Zentrum aktivieren. Was geschah? Die Mäuse drückten sie fleißig die Taste, aßen nicht mehr und vergaßen die Fortpflanzung.
Manchmal fühle ich mich wie eine Maus. Ich fühle mich der Werbung und soziale Medien ausgeliefert, die diesen biochemischen Mechanismus schamlos ausnutzen. Was blinkt und neu ist, erweckt meine Neugier. Wie wäre es mit einem Urlaub auf den Malediven (bevor sie ganz im Meer verschwinden) oder noch eine neue Yogahose kaufen (obwohl ich schon fünf habe). Neben mir macht es Pling und mein Messenger hat eine neue Nachricht auf mein Handy geschickt. Zwei Minuten kann ich widerstehen, dann muss ich nachschauen. Wieder ein Urlaubsfoto aus der Familie. Verflixtes Dompaminzentrum!
Anleitung zur Meditation über Aparigraha:
Setz Dich aufrecht und richte Deine Aufmerksamkeit auf den Atem, um die Gedanken zur Ruhe zu bringen. Jetzt komme in eine innere Haltung der Dankbarkeit. Es gibt so viele Dinge, für die Du dankbar bist. Öffne Dich für diesen Gedanken und lass spontan alles in Dir aufsteigen, wofür Du dankbar bist. Ist es Dein Partner oder Deine Kinder, Deine Eltern, Freunde, Deine Fähigkeiten, Deine Gesundheit? Es gibt bestimmt noch Vieles, was Dir einfällt. Meist ist es nicht Dein materieller Besitz. Bleib noch eine Weile in dieser Haltung. Wie fühlt sich das in Deinem Körper an? Fühlt sich Deine Brustraum, Dein Herz angefüllt an? Dort wo Fülle ist, ist kein Mangel. Wenn Du keinen Mangel spürst, musst Du auch nicht konsumieren.
Dann komme zurück in die Wahrnehmung Deines Körpers und des Atems. Bleibe so ein paar Atemzüge sitzen und beende die Meditation.