Wer sich schon länger mit Yoga beschäftigt, stößt über kurz oder lang über die Bandhas. Iyengar schreibt in seinem Buch “Licht auf Pranayama”: Denn “Ohne das Setzen der Bandhas stört die Übung des Pranayama den Fluss der Energie und schadet dem Nervensystem. (…) Jalandhara, Uddhiyana und Mula Bandha sind unentbehrlich für Pranayama. Sie helfen dabei, die Energie zu verteilen und verhindern deren Vergeudung durch Hyperventilation des Körpers. Sie werden geübt, um die schlafende Kundalini zu erwecken und ihre Energie während des Pranayama durch den Susumna Kanal zu lenken. Ihre Anwendung ist wesentlich für die Erfahrung des Zustands von Samadhi” (Light on Pramayama, Seite 89).
Der yogische Körper
Die Vorstellung eines yogischen Körpers, der unabhängig von dem physischen Körper existiert, hat eine sehr alte Tradition. Diese Idee entstand bereits vor 2.500 Jahren. Bereits in den vedischen Schriften und den Upanishaden finden wir Beschreibungen der Energie (Prana) und der Energierichtungen (vayus). Aber erst im Mittelalter ca. 800 n. Chr. wurde das den Bandhas zugrunde liegende Kundalini-Modell entwickelt. Zu dieser Zeit verbreitete sich der tantrische Shivaismus als vornehmliche Religion in Indien. Dieser verehrt den Gott Shiva und seine Frau Sakti, die für die Energie steht. Sakti wird als Kundalini in Form einer Schlange symbolisiert, die schlafend und aufgerollt am unteren Ende der Wirbelsäule liegt. Dort blockiert sie den zentralen Energiekanal (Nadi) mit dem Namen Shusumna. Daneben gibt es noch zwei wichtige Energiekanäle: Links der Sushumna fließt Energie durch den Kanal “Ida”, der die Qualitäten des Mondes repräsentiert. Auf der rechten Seite fließt “Pingala” Prana mit der Qualität der Sonne. Diese Energien müssen durch Yogapraktiken in den zentralen Kanal geleitet werden.
Die Erweckung der Kundalini
Pranayama, Mudras und Visualisierungen zielen darauf ab, die Energie am unteren Ende der Wirbelsäule zu bündeln und durch die Mündung des zentralen Kanals Sushumna entlang der Wirbelsäule zum Kopf zu lenken. Dieser Akt wird durch das Erwecken der Kundalini symbolisiert. Einmal erweckt, erhebt sie sich wie ein Stock nach oben und steigt empor, passiert alle Chakren und durchstößt die zentralen Energieknoten (Grantis). Wenn sie den Kopf erreicht, löst sie sich im Göttlichen (Shiva) auf und der Nektar der Unsterblichkeit (Amrita) fließt den zentralen Kanal hinunter und überflutet den ganzen Körper. Diesen Zustand erfährt der Yogi als Unsterblichkeit, das heißt jenseits der Vergänglichkeit in Zeit und Raum.