Sonnengesang des Franz von Assisi

Über den Garten des Kapuzinerklosters verteilt liegen die Stationen zum Sonnengesang des Franz von Assisi. Im Sonnengesang lobpreist er die fünf Elemente Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther. Gelbe Sonnenblumen, rote Kapuzinerkresse, schwarze Brombeeren und der Duft des Sommers haben den diesjährigen Yoga-Sommerintensivkurs begleitet. Ich habe versucht, den Sonnengesang mit den Chakren des Yoga zu verbinden. Im Yoga kennt man fünf Chakren entlang der Wirbelsäule, die jeweils einem der fünf Elemente des Sonnengesangs zugeordnet sind. Es war eine wundervolle Erfahrung, dem Lob der Elemente einen körperlichen Ausdruck zu verleihen. Vereint mit der Poesie des Gesangs und der Schönheit des Gartens war die Yogawoche ein tiefes Erlebnis.

Der Klostergarten

Im Zentrum des Klostergartens liegt das Gemüsebeet, das im Sommer reiche Ernte trägt. Es symbolisiert das Element Erde. Nahe der Klosterkirche liegt ein kleiner Teich, auf dem viele grüne Wasserlinsen schwimmen, der für das Element Wasser steht. Am Ende des Gartens leuchtet roter Sonnenhut vor strahlendem Blau des Himmels. Dort gibt es eine Feuerstelle mit Holz, die das Element Feuer darstellt. Direkt daneben steht eine starke, deutsche Eiche. Darunter wiegen Schilf und Gräser sanft im Wind und her. Das Element Luft ist Gast in diesem bewegten Beet. Auch die Gestirne Sonne, Mond und Sterne haben ihren Platz im Garten. Wer sie vergeblich im Himmel sucht, der findet sie auf dem Boden. Dort wo die Wege sich kreuzen, sind sie in Steinform eingelassen. Wer weiß, vielleicht lösen sie sich nachts heimlich aus dem Boden und ziehen ihre Bahnen entlang der Wege. Die Gestirne symbolisieren den Äther und den Raum – das unendliche Universum.

Der Sonnengesang

Die Verse des Sonnengesangs sind sehr einfach. Ich fragte mich, warum sie eine so große Bedeutung haben. Eine Erklärung fand ich bei Leonardo Boff. Er nannte Franz einen „westlichen Archetyp des ökologischen Menschen”, der die „Summe aller ökologischen Kardinaltugenden“ verwirklichte. (Wikipedia) Der Sonnengesang wurde 1225, d.h. im tiefsten Mittelalter, geschrieben. Zur dieser Zeit stand der Mensch im Zentrum des kirchlichen Weltbildes. Er sollte die Natur beherrschen. Franz dagegen sah die Welt ganz anders. Er lebte in Armut in der Natur und wusste, dass der Mensch von der Natur abhängig war. Für ihn waren Tiere und Pflanzen dem Menschen ebenbürtig. Es ist überliefert, dass er mit den Vögeln sprach. In den Versen des Sonnengesangs ruft er die Naturelemente als Geschwister an. Die Sonne bezeichnete er als Sinnbild Gottes. Wenn Gott der Vater war, dann war die Erde die Mutter. Die Erde ernährt uns, der Wind unterhält alles, das Wasser ist nützlich und kostbar, das Feuer stark und kraftvoll, Sonne und Mond spenden uns Licht. Aus den Strophen leuchtet die Natur in Ihrer Schönheit und in vollem Glanz. Der Sonnengesang endet mit dem Gebot, der Schöpfung in Demut zu dienen.

Verse des Sonnengesangs

Deutsche Übersetzung
Il Cantico di Frate Sole (Cantico delle Creature)Der Gesang von Bruder Sonne (Gesang der Geschöpfe)
Altissimu onnipotente bon signore,
tue so le laude la gloria e l’honore et onne benedictione.
Ad te solo, altissimo, se konfano,
et nullu homo ene dignu te mentovare.

Laudato sie, mi’ signore, cun tucte le tue creature,
spetialmente messor lo frate sole,
lo qual’è iorno, et allumini noi per loi.
Et ellu è bellu e radiante cun grande splendore,
de te, altissimo, porta significatione.

Laudato si’, mi signore, per sora luna e le stelle,
in celu l’ài formate clarite et pretiose et belle.

Laudato si’, mi signore, per frate vento,
et per aere et nubilo et sereno et onne tempo,
per lo quale a le tue creature dai sustentamento.

Laudato si’, mi’ signore, per sor aqua,
la quale è multo utile et humile et pretiosa et casta.

Laudato si’, mi’ signore, per frate focu,
per lo quale enn’allumini la nocte,
ed ello è bello et iocundo et robustoso et forte.

Laudato si, mi’ signore, per sora nostra matre terra,
la quale ne sustenta et governa,
et produce diversi fructi con coloriti flori et herba.

Laudato si’, mi’ signore, per quelli ke perdonano per lo tuo amore, et sostengo infirmitate et tribulatione.
Beati quelli ke ’l sosterrano in pace,
ka da te, altissimo, sirano incoronati.

Laudato si’, mi’ signore, per sora nostra morte corporale,
da la quale nullu homo vivente pò skappare.
Guai acquelli, ke morrano ne le peccata mortali:
beati quelli ke trovarà ne le tue sanctissime voluntati,
ka la morte secunda nol farra male.

Laudate et benedicete mi’ signore,
et rengratiate et serviateli cum grande humilitate.
Höchster, allmächtiger, guter Herr,
dein ist das Lob, die Herrlichkeit und Ehre und jeglicher Segen.
Dir allein, Höchster, gebühren sie
und kein Mensch ist würdig, dich zu nennen.

Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen,
besonders dem Herrn Bruder Sonne,
der uns den Tag schenkt und durch den du uns leuchtest.
Und schön ist er und strahlend in großem Glanz:
von dir, Höchster, ein Sinnbild.

Gelobt seist du, mein Herr, für Schwester Mond und die Sterne.
Am Himmel hast du sie geformt, klar und kostbar und schön.

Gelobt seist du, mein Herr, für Bruder Wind,
für Luft und Wolken und heiteres und jegliches Wetter,
durch das du deine Geschöpfe am Leben erhältst.

Gelobt seist du, mein Herr, für Schwester Wasser.
Sehr nützlich ist sie und demütig und kostbar und keusch.

Gelobt seist du, mein Herr, für Bruder Feuer,
durch den du die Nacht erhellst.
Und schön ist er und fröhlich und kraftvoll und stark.

Gelobt seist du, mein Herr, für unsere Schwester Mutter Erde,
die uns erhält und lenkt
und vielfältige Früchte hervorbringt, mit bunten Blumen und Kräutern.

Gelobt seist du, mein Herr, für jene, die verzeihen um deiner Liebe willen
und Krankheit ertragen und Not.
Selig, die ausharren in Frieden,
denn du, Höchster, wirst sie einst krönen.

Gelobt seist du, mein Herr, für unsere Schwester, den leiblichen Tod;
kein lebender Mensch kann ihm entrinnen.
Wehe jenen, die in tödlicher Sünde sterben.
Selig, die er finden wird in deinem heiligsten Willen,
denn der zweite Tod wird ihnen kein Leid antun.

Lobt und preist meinen Herrn
und dankt und dient ihm mit großer Demut.
Quelle Wikipedia
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