Hatha Yoga, das Yoga aus dem Mittelalter

Die Übungsform des Hatha Yoga hat seinen historischen Ursprung in der Sramana-Bewegung. Diese hatte in der

vedischen Zeit vor mehr als 2.500 Jahren in Indien entwickelt. Sramana bedeutet Streber. Schon die vedische Kultur war körperfeindlich eingestellt. Aber die Sramanas übertrieben dies bis zur Selbstverleugnung. Sie versuchten die Bedürfnisse des Körpers vollständig zu unterdrücken. Sie hungerten und malträtierten den Körper, um zur Erleuchtung zu kommen.

Über viele Jahrhunderte hinweg hat sich Yoga weiterentwickelt und natürlich verändert. Im Mittelalter beeinflusste die Bewegung des Tantra den ganzen asiatischen Raum und vor allem Yoga. Es entstand eine völlig neue Haltung gegenüber dem Körper. Der Körper wurde als Tempel des Geistes verehrt. Die Tantriker kultivierten entdeckten, dass sie durch Übungen des Körpers und vor allem des Atems den Geist beeinflussen konnten. Durch geschickte Lenkung der Körperenergie gelangten sie schneller in einen tiefen Zustand der Meditation. In diesem tranceartigen Zustand waren ihrem Gott Shiva nah. Sie wurden zu Meistern der Energie. Sie gaben ihr den Namen Kundalini. Das bedeutet Schlange. In der Mythologie des Yoga ruht die Schlange am Ende der Wirbelsäule. Wenn sie erwacht, streckt sie sich kerzengerade empor. Sie steigt durch einen Kanal entlang der Wirbelsäule hoch bis zum Scheitel. Diesen durchstößt sie und vereint sich mit Shiva.

Die Hatha Yoga Pradipika, die Geheimnisse des Yoga

Die Methoden der Energielenkung waren anfangs streng geheim und nur einer kleinen Gruppe Eingeweihter bekannt. Erst im späten Mittelalter wurden sie von Swatmarama veröffentlicht. 1450 enthüllte er die tiefsten Geheimnisse des Yoga in der Hatha Yoga Pradipika. Hatha heißt übersetzt kraftvoll. Das bedeutet, dass die Übungen kraftvoll ausgeführt werden sollten. In der Hatha Yoga Pradipika werden nur einige Körperhaltungen (Asanas) beschrieben. Der Hauptteil des Werkes beschäftigt sich mit der Lenkung des Atems bzw. der Energie (Pranayama). Dazu werden Bandhas (Körperverschlüsse) eingesetzt, die Energie im Rumpf halten sollen. Außerdem werden bestimmte Körperhaltungen eingenommen, die Energiepunkte (Akkupunkturpunkte) stimulieren. Diese werden als Mudras (Siegel) bezeichnet. Durch Visualisierungen und Atemtechnik wird die Energie entlang der Wirbelsäule nach oben gelenkt. Dadurch lässt sich die Kundalini erwecken, die zischend wie eine Schlange emporsteigt.

In der Hatha Yoga Pradipika sind zwar alle zur Erweckung der Kundalini notwendigen Übungen beschrieben. Sie sollten jedoch keinesfalls allein sonderen unter Anleitung eines Lehrers geübt werden.

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