MBSR-Kurs Kabat-Zinn

Achtsamkeit: Hype oder Hoffnung

Der Begriff Achtsamkeit wird geradezu inflationär eingesetzt. Mal wird er im Sinne von “vorsichtig” benutzt, dann wieder von “sanft”. Der Grund dafür ist, dass viele nicht wissen, was er bedeutet. Nur eins ist klar, Achtsamkeit ist ein fester Bestandteil in unserem Wortschatz geworden. Neben dem schwammigen Begriff “Nachhaltigkeit” treibt es sein Unwesen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Selbst Politiker rufen zu mehr Achtsamkeit auf.

Doch was bedeutet Achtsamkeit eigentlich? Der Begriff Achtsamkeit geht auf Buddha zurück. Vor 2500 Jahren lehrte er Meditation und er nannte diese Übung Achtsamkeit. Seine Anhänger sollten damit zu tiefer Einsicht zu kommen. Buddhas originalgetreue Anleitung finden Sie im Sattipathana Sutta (siehe unten). Sie ist ohne Kenntnis der buddhistischen Weltanschauung kaum zu verstehen. Dagegen fand der Molekularbiologe und Erfinder des MBSR-Programms Jon Kabat-Zinn eine moderne Übersetzung:

Achtsamkeit bedeutet die absichtsvolle Aufmerksamkeitslenkung auf den gegenwärtigen Moment ohne zu bewerten

Jon Kabat-Zinn, Gesund durch Meditation

Diese Erfindung war genial. Denn aus einer verworrenen Anleitung wurde eine knackige Definition. Drumherum strickte Kabat-Zinn ein Trainingsprogramm und begleitete es mit medizinischen Studien. Er stellte fest, sein Programm half gegen chronische Schmerzen und bei Stresserkrankungen. Als hätte er es vorausgeahnt, dass diese heute die meisten Arbeitsunfähigkeitstage verursachen. Kein Wunder, dass Achtsamkeit zum großen Hoffnungsträger im Gesundheitsbereich wurde. Auch im Arbeitsumfeld setzt man auf Achtsamkeit, um mit Stress besser umgehen zu können.

Doch ist der Achtsamkeitstrend nur eine Seifenblase? Einmal vom Strohhalm gelöst, schaukelt sie schillernd durch die Luft bis sie platzt. Ich glaube Achtsamkeit ist mehr als nur ein Trend. Die Ergebnisse aus der Hirnforschung sind überzeugend. Schon nach einem achtwöchigen Training verändern sich wichtige Bereiche im Gehirn, die für die Emotionsverarbeitung, die Stressregulation und die Lernfähigkeit zuständig sind.

Doch wo liegt das Problem? Der Trainingsbereich hat sich auf das Achtsamkeitsthema gestürzt. Achtsamkeitstrainings wachsen wie Pilze aus der Erde. Als Trittbrettfahrer des Hypes versprechen sie, was sie nicht halten können. Wissenschaftlich erforscht ist nur das MBSR-Programm von Kabat-Zinn. Dieses erfordert eine regelmäßige Yoga- und Meditationpraxis über acht Wochen und das erfordert von den Teilnehmern eine Menge Zeit und Disziplin. Dagegen dauern die meisten Achtsamkeitstrainings nur einen Tag oder ein Wochenende. Da kann man vielleicht in die Praxis hineinschnuppern, aber resilient wird man dadruch nicht. Das hat eine Metauntersuchung der Krankenkassen bestätigt. Im Vergleich zum MBSR-Programm haben achtsamkeitsbasierte Interventionen eine schwächere Wirkung auf die Gesundheit der Psyche und des Körpers. Investieren Sie also lieber in MBSR-Programm als in ein halbherziges Achtsamkeitsversprechen.

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